Prolog
[© OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA]
In den ersten großen Sommersemesterferien unseres Studiums nahmen wir uns zwei Wochen Zeit für einen Wanderurlaub in den Stubaier Alpen. Mit dabei waren Jörg, Marco, Ronny, Simon und Matthias. Die nachfolgend beschriebene Strecke kann in jeder GPX-fähigen Kartenanwendung geladen und detailliert nachvollzogen werden.
Sonntag, 27.07.: Anfahrt nach Neustift/Starkenburger Hütte
In aller Frühe treffen wir uns 4 Uhr am Paradiesbahnhof, jeder mit einem ca. 18kg schweren Rucksack auf dem Rücken. Glücklicherweise können wir diese vorerst im Zug abstellen und mit gemütlich mit dem Wochenendticket Richtung Süden fahren. Gegen Mittag treffen wir in München ein, kurze Zeit später steigen die Alpen vor uns auf. Für die Strecke in Österreich lösen wir gemeinsam ein Gruppenticket für 504 ÖS (36 €) und kommen 14 Uhr in Innsbruck an. Von hier fährt eine Stunde später der Bus ins Stubaital, schließlich erreichen wir 16 Uhr in Neustift auf 1000 Meter Höhe. Mittlerweile sind wir auch schon 12 Stunden auf den Beinen, leicht geschafft sehen wir deshalb dem bevorstehenden Anstieg zur Starkenburger Hütte auf 2230 Meter entgegen. Nachdem wir den Wanderweg gefunden haben, stiefeln wir munter drauf los. Doch schon nach ein paar Metern packen wir erstmal die langen Sachen ein, kalt wird’s uns die nächsten Stunden sicher nicht. Immer höher windet sich der Weg aus dem Tal die Berge hinauf, mal als eine breite Fahrspur, mal als schmaler Pfad durch Wiese und Wälder. Ständig bietet sich uns ein anderer Blick auf die umliegenden Bergketten bei malerischem Wetter, dem sich Marco und Jörg anscheinend nur kurz hingeben, da sie bald nicht mehr zu sehen sind und voraus gehen. So langsam kommen wir über die Baumgrenze und nach 3 Stunden ist unsere Hütte auch zu sehen. Halb 8 treffen wir ein, melden uns an und beziehen unsere Betten im Lager für 80 ÖS (5,70 €) pro Nacht und Person. Zum Abendbrot wird uns Hauswurst mit Sauerkraut serviert, zusammen mit einer Tasse heißem Tee sorgt dies bei uns bald für Wohlbefinden. Nach einer Katzenwäsche am Waschbecken sind wir reif für’s Bett.
Montag, 28.07.: Von der Starkenburger Hütte zur Franz-Senn-Hütte
Einigermaßen ausgeschlafen stehen wir kurz nach 7 Uhr auf und stärken uns beim Frühstück für den Tag. Zwei Stunden später sind die Rucksäcke aufgesetzt und wir stapfen los zur Franz-Senn-Hütte. Als die Wolken kurzzeitig aufreißen, bekommen wir auch einen Blick auf unser heutiges Ziel ganz am Ende des Oberbergtals. Doch vorerst führt uns der Weg auf 2518 Meter zum Seejöchl, wo wir uns eine erste Pause genehmigen. Mittlerweile kämpft sich die Sonne auch öfter durch die Wolken und wir können eine Jackenschicht ablegen, während wir ab dem Sendersjöchl von 2477 Metern leicht bergab wandern und schließlich auf der Seducker Hochalm auf 2249 Metern eine große Mittagsrast einlegen und unsere Wurstbrote verzehren. In der zweiten Hälfte der Strecke erwarten uns einige enge Stellen, die mit Griffen und Führungsseil ausgestattet sind, hier fällt der Berg neben dem Weg recht steil ab. Kurz nach 17 Uhr haben wir endlich die Franz-Senn-Hütte auf 2147 Metern erreicht! Vor der Hütte entspannen wir uns erstmal in der Sonne, dann melden wir uns für zwei Nächte an, wofür jeder 90 ÖS (6,50 €) pro Nacht bezahlen muss. Mit großem Hunger betreten wir die Gaststube, als Bergsteiger-Essen wir heute Spaghetti Bolognese angeboten, der etwas günstiger als eine Übernachtung ist. Simon zaubert anschließend für uns Bergziegen auf seinem Benzinkocher noch einen großen Topf Tee. Nach einer erfrischenden Dusche kehrt gegen 22 Uhr im Lager Nachtruhe ein, während es leise auf’s Dach regnet.
Dienstag, 29.07.: Ruhetag Franz-Senn-Hütte
Heute gönnen wir uns einen Ruhetag auf der Hütte und können mal wieder richtig ausschlafen. Nachdem wir gegen 10 aus den Betten gekrochen sind, bereiten wir uns auf Simon’s Kocher ein frühes Mittagessen – Kartoffelbrei mit Pilzsauce und Würstchen, lecker! Dann setze ich mich mit Marco und Jörg in die Sonne und versuche ein paar Urlaubgrüße auf Ansichtskarten zu pressen. Am Nachmittag nehmen wir zweimal Anlauf für eine kleine Wanderung Richtung Rinnstein, jedesmal regnen wir ein uns müssen umkehren. Während unsere Klamotten im Lager trocknen, widmen wir uns dem Abendbrot, für 115 ÖS (8,20 €) gibt’s Kartoffeln, Gulasch und ein frischen Salat. Das Lager haben wir hier ganz alleine und so stört es keinen, als es erst 23 Uhr ruhig wird.
Mittwoch, 30.07.: Von der Franz-Senn-Hütte zur Neuen Regensburger Hütte
Da wir uns gestern prima erholt haben und heute die Sonne von einem strahlend blauen Himmel lacht, nehmen wir die nächste Etappe in Angriff. Um das Frühstück noch zu erleben, müssen wir spätestens viertel 8 aufstehen. Dann noch die Rucksäcke packen und schon kann’s kurz nach 9 Uhr losgehen. Die Weglänge ist heute recht kurz, dafür müssen wir knapp 600 Höhenmeter zum Schrimmennieder auf 2714 Meter überwinden. Während des Aufstiegs begegnen uns mitten auf dem Weg Berggemsen, die uns aber passieren lassen. Marco und Jörg flitzen wieder vorne weg, nach rund drei Stunden kommen wir auf dem Sattel an und haben eine tolle Aussicht auf den Talabschluß des Stubaitals. Umgeben von einem kühlen Wind und Schneefeldern nehmen wir unsere Brote zu uns, dann geht’s in den Abstieg auf 2285 Meter über Felsen und Geröll. Schon bald ist die Neue Regensburger Hütte zu sehen, kurz vor 14 Uhr ist die heutige Etappe geschafft. Wir quartieren uns im Lager für 65 ÖS (4,60 €) pro Person ein und genießen den Nachmittag auf den sonnigen Steinen in der Nähe. Mit gutem Hunger stürzen wir uns auf das Abendbrot, ich esse mal wieder den Bergsteiger, heute Makkaroni-Fleisch für 80 ÖS (5,70 €). Bis Mitternacht haben wir im Lager noch viel zu quatschen, dann holt uns die Müdigkeit ein.
Donnerstag, 31.07.: Von der Neuen Regensburger Hütte zur Dresdner Hütte
Doch schon nach 6 Stunden Schlaf kriechen wir wieder aus den Betten, da wir bereits 15 Uhr an der Dresdner Hütte sein wollen, um Ronny’s Eltern und Carolin zu treffen. Auch der Magen ist so früh noch nicht richtig wach, die Frühstücksbrote mit Aufschnitt und Marmelade für 70 ÖS (5 €) müssen trotzdem rein. Halb 8 stapfen wir mit unseren Kraxen los, zuerstmal das leicht ansteigende Tal hinter der entlang. Dann gilt es, über eine steile Schneeflanke den höchsten Punkt des Stubaier Höhenwanderwegs zu bezwingen, den Grawagrubennieder mit 2880 Metern. Der Puls geht hoch, die Luft wird dünner, aber oben angekommen wird man mit einem fantastischen Blick auf die Stubaier Alpen belohnt. Nach einer Pause setzen wir unsere Etappe fort, über Geröllfelder und an Schafen vorbei. Über die Wilde Grubn kommen wir ins Stubaier Skigebiet, über den Egesengrart (2506m) kürzen wir den Weg zur Dresdner Hütte ab und treffen halb 3 dort ein. Im Lager melden wir uns erstmal für zwei Nächte an, pro Person und Nacht verlangt der Hüttenwirt 50 ÖS (3,50 €). Nach Spaghetti zum Abendbrot spielen wir noch eine Runde Magic, was uns Ronny’s Eltern mitgebracht haben.
Freitag, 01.08.: Ruhetag auf der Dresdner Hütte
In der Nacht hatte es begonnen zu regnen und so definieren wir den heutigen Tag kurzerhand als Ruhetag, immerhin haben wir auch schon die Hälfte der Gesamtstrecke geschafft. Das Frühstück wollen wir trotzdem nicht verpassen und stehen halb 9 unten im Gastraum. Ich wähle eine Schüssel Müsli mit Joghurt, ein Brötchen, eine Scheibe Brot, dazu Nutella und Käse und Tee für insgesamt 50 ÖS (3,60 €). Anschließend waschen wir ein paar Klamotten und hängen diese zum Trocknen im Lager auf, auch hier sind wir ganz allein. Den restlichen Tag verbringen wir mit Magic und Doppelkopf spielen, nur unterbrochen von einem Wurstbrot zum Mittag und einem leckeren Kaiserschmarrn zum Abendbrot. Ab 22 Uhr wird dann im Gastraum das Licht abgestellt und wir gehen schlafen.
Sonnabend, 02.08.: Wanderung zur Jochdohle
Gut ausgeschlafen stehen wir wieder gegen 8 Uhr auf und stellen uns das Frühstück zusammen. Auch heute hängen die Wolken tief drin und es windet ganz ordentlich, aber wir wollen trotzdem ein ein Stück wandern, um nicht auf der Hütte zu versacken. Kurz vor 10 gehen wir ohne unsere Rucksäcke los, unser Ziel ist die Schaufelspitze. Über die Hüttenabfahrt erreichen wir den Gamsgarten und von dort weiter zum Eisgrat. Im Panorama-Restaurant legen wir eine kurze Pause ein, dann folgen wir im Schnee einem Pfad über den Gletscher. Halb 1 sind wir bereits in der Jochdohle auf über 3000 Metern angekommen und wärmen uns bei einer Tasse Tee auf. Leider ist die Sicht so schlecht geworden, dass wir vom weiteren Aufstieg zur Schaufelspitze ablassen müssen und kehren wieder um. Eine kleine Schneeballschlacht zwischen Marco und Jörg endet mit einem angeschlagenen Knie für Marco, wir müssen ihn beim Abstieg stützen. Am späten Nachmittag sind wir wieder auf der Hütte, Marco kühlt seine Schwellungen und wir spielen Magic. Zum Abendbrot gibt’s als Bergsteiger Hackbraten, Kartoffeln und Gemüse für 80 ÖS (5,70 €), bis zur Nachtruhe wird Doppelkopf gezockt.
Sonntag, 03.08.: Ruhetag auf der Dresdner Hütte
Heute wäre es langsam Zeit für die Etappe zur nächsten Hütte, jedoch hat sich der Zustand von Marco’s Knie noch weiter verschlimmert. Da er es nicht mehr belasten kann, fällt der zweite Teil der Tour aus und wir beschließen, die nächste Woche auch noch hier auf der Dresdner Hütte zu verbringen, da wir für die Rückfahrt auf das Wochenendticket angewiesen sind. So verzocken wir mit Magic und Doppelkopf den Tag, Unterbrechungen gönnen wir uns nur für die Mahlzeiten.
Montag, 04.08.: Ausflug nach Neustift
Da wir mittlerweile die Hütte sehr gut kennen, wollen wir heute einen Ausflug nach Neustift machen. Nach dem Frühstück laufen wir das Stück zur Mittelstation der Gondelbahn direkt neben der Dresdner Hütte. Für 60 ÖS (4,30 €) pro Person werden wir nach unten zur Mutterbergalm transportiert, wo schon ein Anschlußbus nach Neustift wartet. Der ist sein Geld wert, waghalsig heizt der Fahrer die Straße talabwärts, sodaß wir mit leicht erhöhtem Adrenalinspiegel in Neustift ankommen. Im Supermarkt kaufen wir uns ein paar Kleinigkeiten wie Obst, Kekse und was zum Lesen. Während wir dann doch recht bepackt an der Haltestelle auf den Bus warten, treffen wir wieder Ronny’s Eltern, die uns zur Mutterbergalm zurückfahren. Marco gondelt wieder nach oben, wir wählen den Aufstieg über ca. 1,5 Stunden zur Dresdner Hütte, endlich mal wieder die Knochen bewegen. Bis zum Abendbrot mit Grillwurst und Pommes spielen wir Magic, anschließend ist Zeit zum Lesen, da Simon, Ronny und Jörg sich selbst was Warmes kochen. Bis zur Sperrstunde regiert der Doppelkopf.
Dienstag/Mittwoch, 05./06.08.: Ruhetag auf der Dresdner Hütte
Unseren Plan für die nächsten Tage scheint das Wetter zu erahnen und begrüßt uns entsprechend mit einem nebligen und trüben Morgen. Das lädt zu einem Tag auf der Hütte ein und so schlafen die anderen noch weiter, als ich halb 9 zum Frühstück aufstehe. Ganz gemütlich lese ich bei Marmeladenbrötchen und Tee in der Zeitung. Dann sind auch die anderen erwacht und wir verbringen den Tag mit Spielen – Doppelkopf, Schach und Magic stehen zur Auswahl. Die Brote zum Mittag und der Bergsteiger zum Abendbrot bilden eine willkommene Abwechslung. Ab 22 Uhr beziehen wir das Lager, das wir völlig in unseren Besitz genommen haben.
Donnerstag, 07.08.: Aufstieg zur Schaufelspitze
Als ich kurz nach 9 Uhr aufgestanden bin, ist leider das Frühstücksbuffet bereits abgeräumt, da müssen unsere in Neustift gekauften Vorräte herhalten. Nachdem auch alle anderen wach sind, beschließen Jörg und ich heute nochmal den Aufstieg zur Schaufelspitze zu probieren. Da keiner weiter mitkommen möchte, starten wir dreiviertel 11 bei schönem Wetter zu zweit. Über die Hüttenabfahrt und den Gamsgarten kommen wir zum Eisgrat. Die Schneedecke ist geschmolzen und legt den nackten Gletscher frei, eine Führung durch die Gletscherspalten lassen wir uns nicht entgehen. Zur Jochdohle folgen wir wieder dem Gletscherpfad, nach einer kleinen Pause beginnt der steile Schlussanstieg zur Schaufelspitze auf 3333 Meter. Kurz nach 13 Uhr hat die Kraxelei ein Ende und wir haben den Gipfel erreicht, leider hat es sich im Süden bereits zugezogen und so bleibt nur der Blick ins Stubaital frei. Mit einem Gipfelfoto und dem Eintrag ins Gipfelbuch verewigen wir uns auf dem Berg und beginnen den Abstieg, nur eine Stunde später und 1000 Höhenmeter tiefer sind wir bereits wieder an der Dresdner Hütte. Da wir morgen abreisen, müssen jetzt die Übernachtungen der gesamten Woche bezahlt werden, dann gibt es zum Abendbrot nochmal Spaghetti Bolognese für 85 ÖS (6,10 €) und ein Eis als Nachtisch. Bis zum Schlafengehen spielen wir noch ein paar Runden.
Freitag/Sonnabend, 08./09.08.: Abfahrt nach Neustift/Jena
Heute wollen wir nach Neustift runter und noch eine Nacht in der Ferienwohnung von Ronny’s Eltern verbringen und morgen dann mit dem Zug zurück nach Jena fahren. Draußen regnet es mal wieder kräftig, wir packen gemütlich unsere Sachen. Zum Mittag essen Simon und ich einen Germknödel, anschließend laufen wir zur Mittelstation der Gondelbahn und fahren nach unten. In Neustift angekommen, kaufen wir noch ein paar Kekse und Obst für die morgige Zugfahrt, dann suchen wir die Ferienwohnung auf und machen es uns in der Küche gemütlich. Am nächsten Morgen stehen wir halb 8 auf, fahren nach dem Frühstück mit dem Bus nach Innsbruck und von dort mit dem Zug nach Kufstein. Anschließend beginnt das Abenteuer Wochenendticket – für 35 DM (17,50 €) gurken wir zu fünft mit den Regionalbahnen durch Bayern, bis wir schließlich 21 Uhr leicht geschafft in Jena ankommen.