Prolog
[© OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA]
Nach 2005, 2013 und 2019 bietet sich mal wieder die Gelegenheit für eine Segeltour mit den ehemaligen Schott-Volleyballern, da brauche ich nicht zweimal überlegen. Die Crew ist mit Harro (Skipper), Oli (Smutje), Knut, Martin, Frank und Henne zum 20jährigen Jubiläum fast identisch wie bei meiner Premierenfahrt. Am Freitag-Abend sammelt uns Frank mit seinem VW-Bus ein und nach einem Zwischenstop in Triptis starten wir gegen 22 Uhr in Richtung Kroatien. Vor uns liegen nun knapp 1200km Autobahn über Hof, Regensburg, Passau, Wels, Graz, Maribor, Zagreb und Zadar, nur unterbrochen von vier Pausen inklusive Fahrer-Wechsel. Nach 13h mit wenig Schlaf ist Pirovac endlich erreicht, entsprechend schleichen wir wie Einkaufswagen-Zombies durch den Plodine-Supermarkt für die Grundversorgung, mit dabei auch vier Kästen Karlovačko sowie Cola und der gute Badel-Rum. Voll beladen rollen wir runter an die Marina als Ausgangspunkt für den diesjährigen Segel-Törn in der Adria.
Pünktlich 12 Uhr beginnt bei Euronautic-Charter der Papierkram für die Avelina, wieder eine schicke Bavaria Cruiser 46 (3.512 EUR/Woche). Beim Übergabe-Protokoll versuche ich mir mit Harro die Details zur zentralen Schaltanlage, den beiden Frischwasser-Tanks und der Gasversorgung zu merken, anschließend können Gepäck und Vorräte an Bord gebracht sowie die Kabinen aufgeteilt werden. Während Oli die Kühlschränke und den Küchenbereich nach seinen Vorstellungen einräumt, richtet sich Skippi am Kartentisch ein. Dann heißt es dreiviertel 3: Stromversorgung trennen, Motor an, Badeplattform hoch, Heckleinen los, Mooring rein – und auf geht’s ins Abenteuer! Mit gemütlichen 6kn tuckern wir in nordwestlicher Peilung an Murter vorbei, jetzt gibt’s erstmal das traditionelle Glas Sekt zum Start mit einem Opfer-Schluck für Neptun. Da es heute schon relativ spät ist und zudem Gewitterwolken über dem Festland aufziehen, flüchten wir unter Motor zur Insel Žirje und finden dort nach gut 3h in der berüchtigten Seeigel-Bucht Stupica noch eine freie Boje. Fix den letzten Eintrag im Logbuch vornehmen und dann im Sonnenschein bei 24°C ein gut gekühltes Anlegebier genießen, traumhaft! Oli und Knut bereiten danach eine mediterrane Nudel-Hähnchen-Pfanne vor, die Zeit bis zum Essen nutze ich für eine Anbade-Runde bei angenehmen 23°C. Der Abend klingt beim Finale des DFB-Pokals ganz entspannt mit Rum-Cola im Mondschein aus.
Während aus fast allen Kabinen ein friedliches Schnarchen zu hören ist, hat Knut eine besch***ene Nacht und wird vom Fluch dieser Bucht heimgesucht. Gegen 8 Uhr kommt dann langsam Leben ins Boot, die Sonne begrüßt uns vom strahlend blauen Himmel und vor dem Frühstück mit Smutjes traditioneller Schinken-Ei-Pfanne gibt’s einen Kreislauf-Kick mit einem Sprung ins kühle Nass. Nachdem das Geschirr wieder abgewaschen und verstaut ist, heißt es Luken dicht, Motor an und klar zum Ablegen genau 11 Uhr. Kurz darauf werden das Groß und die Genua gesetzt, unser heutiges Ziel ist die Insel Šolta. Passenderweise pustet ein SSW-Wind mit 7-8kn aus dem wir im Halbwindkurs 4-5kn Fahrt rausholen. Doch nach sehr entspannten und ruhigen fünf Stunden liegen immer noch 14sm vor uns, deswegen lässt Harro auf Höhe des Leuchtturms vor Rogoznica die Segel einholen und wir können mit Motor direkten Zielkurs setzen. So schaffen wir es wie geplant 18 Uhr in der Marina Maslinica einzutreffen, die ist zwar bereits gut gefüllt aber es gibt noch einen freien Platz. Nach einem erstklassigen Anlegemanöver und dem Stromanschluss fliegen schon die Kronkorken vom Karlovačko, Oli verschwindet bald darauf unter Deck und bereitet das Hamburger-Abendessen vor. Und geht’s aber auch verdammt gut!
Am frühen Morgen zieht ein Sturmtief auf und Regen trommelt auf die Yacht, kurz die Lage oben an der Bimini geprüft und dann wieder in die kuschlige Koje gekrochen. Gegen halb 10 nutze ich eine Regenpause für eine kleine Laufrunde nach Donje Selo durch die Olivenhaine. Frisch geduscht und gut hungrig hilft mir Martin anschließend bei den Vorbereitungen zum verspäteten aber umso gemütlicheren Frühstück gegen dreiviertel 12 unter Deck. Mittlerweile hat sich die Regenfront fast verzogen, fix noch das Geschirr spülen und dann heißt es 13 Uhr Leinen los. Auf der kurzen Etappe nach Norden kommen wir am Wind mit 5-7kn gut voran, nach knapp zwei Stunden werden aber an der Westspitze von Čiovo die Segel eingeholt und wir nähern uns dem Ballungsgebiet um Trogir mit Motor. Halb 4 liegen wir in der SCT Marina Trogir festgemacht, auch unter einem stark bewölkten Himmel schmeckt das Anlegebier. Den restlichen Tag nutzen wir für einen Spaziergang durch die wundervolle Altstadt von Trogir mit engen Gassen und versteckten Restaurants, da werden gleich Erinnerungen an unseren letzten Sommerurlaub in Malcesine geweckt. In der Abenddämmerung gibt’s dann eine leckere Soljanka nach Henne-Art, während unser Smutje versucht seine Knieschmerzen durch minimale Bewegung erträglich zu halten.
Der Tag beginnt wie gestern sehr entspannt, dafür mit deutlich besserem Wetter. Nach der Stärkung durch Schinken-Ei-Pfanne und Brötchen gehe ich mit Frank und Henne auf Einkaufstour, direkt neben der Marina tauschen wir zunächst im kleinen Ribola Market die leeren Bierkästen gegen volle (für jeweils 30 EUR). Danach stiefeln wir erneut durch die Altstadt von Trogir und bekommen im Konzum Nachschub an Milch, Eiern, Brot, Schinken, Käse und Gemüse. Zurück an Bord ist alles noch zu verstauen bevor wir halb 2 die Marina verlassen. Der schwache Ostwind mit 4-6kn schiebt uns gemächlich an der dalmatischen Küste gen Westen entlang, da kommt ein Nachmittags-Snack mit Oliven, Sauren Gurken, Keksen und Kaffee sehr gelegen. Am Leuchtturm werden die Segel eingeholt für die Einfahrt in die Bucht von Rogoznica, wo wir an einer Boje halb 6 festmachen und das Karlovačko aus dem Kühlschrank holen. Bis zum Abendessen mit einer zweiten Burger-Runde wird geangelt und gebadet, auch für eine Erkundungs-Schwimmrunde ist noch Zeit.
Gegen 7 Uhr wache ich auf, draußen grüßt bereits die Sonne vom wolkenlosen Himmel. Gemeinsam mit Frank lassen wir das Dingi zu Wasser und holen in Rogoznica frische Brötchen, Croissants und leckere Teilchen als Sahnehäubchen zum Frühstück an der frischen Luft. Nachdem die letzten beiden Tage von sehr kurzen Etappen geprägt waren, ist unser heutiges Ziel draußen im Nationalpark Kornaten ein ganzes Stück entfernt. Kurz vor 10 Uhr lösen wir das Seil von der Boje, nach Verlassen der Bucht bläst uns auf offener See ein kräftiger Westsüdwest-Wind mit bis zu 15kn entgegen. Am Groß gibt es noch etwas Optimierungs-Bedarf im Achterliek, dann gleiten wir über 7h mit 5-7kn Fahrt am Wind durch die Wellen und können die Geschwindigkeit auch in den notwendigen Wenden mitnehmen, was für ein berauschendes Gefühl. Dank rechtzeitiger Motor-Unterstützung ist die Marina Piškera pünktlich 18 Uhr erreicht, Harro bugsiert uns wieder sehr gekonnt durch die flache Fahrrinne an den Liegeplatz. Nach Belegen der Klampen mit Mooring und Achterleinen lassen wir den wundervollen Tag in der Abendsonne bei einem süffigen kühlen Anlegebier ausgleiten.
Irgendwas ist mir gestern nicht gut bekommen, jedenfalls lasse ich heute mal das Frühstück aus und bleibe dafür etwas länger liegen. Aber pünktlich zum Ablegen 11 Uhr bin ich wieder soweit fit, setze den ersten Wegpunkt für die Navigation und schreibe wie gewohnt das Logbuch. Kaum haben wir die geschützte Bucht verlassen, wehen uns 8-10kn Wind um die Nase und natürlich mal wieder fast aus der Zielrichtung WNW. Also Segel raus, für einen Am-Wind-Kurs getrimmt und los geht der Spaß bei 5-6kn Fahrt mit regelmäßigen Wenden. Gegen halb 2 am Leuchtturm Tajer beginnt der Einfahrts-Bereich zwischen den langgestreckten Inseln Kornat und Dugi Otok, wir wechseln auf Motorbetrieb und tasten uns vorsichtig durch die nur 25m breite und 4m flache Mala Proversa. Gut eine Stunde später ist die gesamte Passage geschafft und wir holen ab der Nordspitze von Žut nochmal die Segel raus, jetzt mit Raumschots-Kurs. Halb 4 findet sich gerade noch so eine freie Boje in der gut gefüllten Bucht Pristanisce, statt einer Liegegebühr wird hier ein Restaurant-Besuch im Trabakul Kornati erwartet. Doch zunächst gibt’s die traditionelle Karlovačko-Erfrischung und während der anschließenden Schwimmrunde durch die Bucht entdecke ich auf dem Hügel eine kleine Kirche, also mit dem Dingi übergesetzt und den Pfaden durch die Olivenhaine gefolgt. Oben angekommen bietet sich ein fantastisches Panorama über Teile der Kornaten, sogar einen Schatz gibt es hier zu heben. Dreiviertel 8 bin ich wieder unten, die Crew hat sich schon ausgefertig gemacht und in der Abendsonne genießen wir einen leckeren Fisch. Allerdings ist die Beilage mit Kartoffel und Mangold arg übersichtlich, zum Glück gibt es auf dem Boot noch ein paar Snacks zum Rum-Cola-Absacker.
Die heutige letzte Etappe beginnt ungewohnt früh. Kurz vor 8 Uhr löse ich die Leine von der Boje und wir fahren unter Motor um das nördliche Ende von Žut rüber nach Kornat, um in der Bucht Donji Statival gut eine Stunde später den Anker auszuwerfen. Bis auf eine Gast-Yacht vor der Konoba sind wir hier alleine, perfekt um in der Morgensonne baden zu gehen und entspannt zu frühstücken. Zwei Stunden später sind alle satt, also Luken schließen, Badeplattform hoch und Anker einholen. Nachdem die Südspitze von Žut an backbord vorbeigezogen ist, ändern wir den Kurs auf Ost in Richtung Murter, jetzt bläst der SSO-Wind perfekt für einen Halbwind-Kurs und endlich können wieder die Segel gesetzt werden. Mit gemütlichen 4kn nähern wir uns dem Festland, kurz vor der Insel Murvenjak ist beim Kreuzen einer Regatta etwas mehr Konzentration hinsichtlich der Vorfahrsregeln erforderlich. Zusätzlich frischt der Wind auf und ermöglicht auf den letzten Meilen spaßige 6-7kn Fahrt. Das Auftanken des verbrauchten Diesels in der Marina Hramina müssen wir abbrechen, durch Stau an der Tankstelle und den sich reindrängelnen Regatta-Teilnehmern wird das Manövrieren mit Seitenwind unübersichtlich. Gegen 17 Uhr ist wieder der Ausgangsort Pirovac erreicht, wir füllen den Diesel per Kanister nach, sammeln das Leergut zusammen und bereiten den Checkout vor. Zum Abendessen zaubert unser Smutje eine dalmatinische Bohnensuppe und der letzte Bierkasten geht zur Neige. Am nächsten Morgen ist die Yacht bis 9 Uhr zu räumen, im Plodine startet der merkwürdige Leergut-Rückgabeprozess und kurz vor Zadar halten wir für ein Frühstück mit Kaffee am Meer sowie selbst geschmierten Brötchen. Dann heißt es ab auf die Autobahn und Kilometer schrubben, gegen 23 Uhr kommen wir wohlbehalten in Jena an.