Prolog
[© OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA]
Zum Abschluss der Sommerferien ist Arthur seit letztem Wochenende bei Oma und Opa an der Ostsee, die Wettervorhersagen sind optimal und das entspannte Sommer-Urlaubs-Gefühl droht zu verblassen – also gleich drei gute Gründe ins jährliche Radtour-Abenteuer an die Küste zu starten. Aufgrund des westlicheren Zielortes ergibt sich dieses Mal eine zweigeteilte Streckenführung mit gut bekanntem Terrain bis Dessau-Rosslau und Neuland auf den Spuren der Premierenfahrt vor 24 Jahren.
Fr/Sa, 11./12.08.: Jena – Rerik [442km]
Getreu dem Motto „Freitag ab eins macht jeder seins“ fällt nach der wöchentlichen Ressourcen-Planung der Hammer, viertel 2 sitze ich im Sattel und die Käsespätzle vom Mittagessen stellen bereits volle Energie zur Verfügung. Der vor drei Monaten getauschte Antriebsstrang (Kurbelgarnitur 48-36-26, Tretlager, Kette, 10fach-Kassette 34-11) surrt leise und locker, die mit 5bar gefüllten Reifen rollen ohne spürbaren Widerstand dahin und am Gepäckträger hängt heute mal nur eine Gepäcktasche mit minimaler Beladung (inklusive einer weiteren gefüllten 1l-Flasche). Schon nach den ersten Kilometern auf dem Saaleradweg stellt sich das Gefühl der grenzenlosen Freiheit ein, dazu ein locker bewölkter Himmel bei 23°C und leichter Südostwind, insgesamt also perfekte Bedingungen. Entsprechend zügig geht es über zunächst gewohnte Wege durch Bad Kösen (35km/1h25m), raus aus dem Saaletal hoch nach Pettstedt (55km/2h15m), rund um den Runstädter See und ab Merseburg (70km/2h50m) entlang der B91 bis Halle zum Ribbeckplatz (88km/3h40m). Ein weiterer RawBite-Riegel wird nachgelegt und die Trinkflasche gewechselt, dann folgt ein flaches und eintöniges Stück über Zörbig (108km/4h30m) und Salzfurtkapelle bevor gegen dreiviertel 7 die erste große Pause in Dessau-Süd (128km/5h15m) ansteht. Im Netto finden sich Saft und Wasser zum Auffüllen der zwei Liter-Flaschen, dazu ergeben Banane, Kaffee und Pfannkuchen eine leckere Stärkung. Ein paar Kilometer später wird die Elbe direkt vor Rosslau (140km/5h45m) überquert, hier biege ich mit der B184 in Richtung Nordwesten ab und verlasse damit die Strecke der letzten Jahre. Kurz hinter Zerbst (155km/6h25m) ist es halb 9 als die Sonne knapp überm Horizont einen letzten Licht-Gruß schickt und die Dämmerung das Kommando übernimmt. Auf Nebenstraßen spule ich die nächsten leicht welligen 50km durch den Loburger Vorfläming ab mit Orten namens Loburg, Lübars, Magdeburgerforth und Tucheim bevor in Genthin (215km/8h55m) um 23 Uhr die nächste Pause ansteht.
Gut gestreckt und gestärkt geht es weiter durch die Nacht, immerhin braucht die Navigation kaum noch Aufmerksamkeit aufgrund von längeren Bundesstraßen-Segmenten mit fast durchgängig parallel ausgebauten Radwegen. Den Anfang macht die B107 der ich nun für 70km über Jerichow, Schönhausen, Klietz und Sandau folge, bei Neuemark-Lübars auf einer ehemaligen Bahntrasse. Am Ortsausgang von Havelberg (270km/11h25m) findet sich gegen 2 Uhr sogar eine offene Tankstelle zum Auffüllen der Trinkflasche und für einen heißen Kaffee, der weckt die Lebensgeister. Nach weiteren 15km mit rauschenden Windrädern im Dunkeln schwenke ich auf die B5 ein. Durch den Richtungswechsel auf Nordwest kommt jetzt der volle Südostwind zur Geltung und ich fliege teilweise mit mehr als 30km/h ohne viel Mühe wie im Rausch dahin, vorbei an Perleberg und Karstädt. Ab Ludwigslust (345km/14h45m) führt mich die ehemalige B106 im beginnenden Morgengrauen geradewegs gen Norden über Wöbbelin und Lübesse nach Schwerin (380km/16h25m). Am prachtvollen Schloss genieße ich viertel 8 die wärmenden Sonnenstrahlen und ein paar Minuten darauf eine längere Frühstücks-Pause in der Marienplatz-Galerie mit Backwaren, Kaffee, Banane und frischen Getränken vom Rewe. Einigermaßen ausgeruht trete ich eine dreiviertel Stunde später hochmotiviert in die Pedalen und darf mich weiterhin an dem tollen Radweg entlang der B106 erfreuen der direkt bis Wismar (410km/17h45m) geht. Durch die Innenstadt wird es etwas verwinkelt und rumpelig aber die Beschilderung zur Insel Poel bringt mich wieder auf den richtigen Weg. Ab Groß Strömkendorf sind es nur noch 20km über Dreveskirchen und Rakow, der Radweg füllt sich zunehmend mit Wochenend-Ausflüglern, Familien und Radreisenden. Dann passiere ich den Ortseingang von Rerik und stehe kurz nach 11 Uhr mit 442km auf dem Tacho an der Seebrücke, geschafft! Damit war das meine bisher schnellste Ostsee-Tour mit einem 23km/h-Fahrschnitt, voller Glücksgefühle lasse ich die letzten 22 Stunden bei einem Rostocker Pils und leckeren Ostsee-Raclette nochmal vorbeiziehen. Im Sattel sitzen möchte ich gerade nicht mehr, deswegen wird das Rad anschließend die 5km oberhalb der Steilküste zum Campingplatz Ostseeblick geschoben wo bereits Arthur mit Oma und Opa am Wohnmobil warten. Es gibt viel zu erzählen, wir gehen baden und am Abend werden die Kalorien-Schulden mit Pizza und Hefeweizen beim Italiener nachgefüllt, während Arthur sich in der Minidisco beim Körperteil-Blues & Co. austobt.
So, 13.08.: Rerik – Neubukow – Jena
Gut ausgeschlafen beginnt der neue Tag mit einem gemütlichen Frühstück an der frischen Luft. Geschirr abwaschen mit Arthur, nochmal in die Ostsee springen, drei Runden Rommé und dann heißt es schon pünktlich 12 Uhr Abschied nehmen da mir noch eine 15km-Radtour nach Neubukow bevorsteht. Dort am Bahnhof habe ich noch ein paar Minuten Zeit mir das Quer-durchs-Land-Ticket (44 EUR) zu kaufen, bevor es 12:51 Uhr in randvollen Zügen über Wismar, Wittenberge, Magdeburg und Leipzig zurückgeht und ich kurz vor 22 Uhr in Jena ankomme.
Tour-Eckdaten
- Strecke: 442km (2359Hm) / 19h07m (netto) / 21h50m (gesamt)
- Getränke: 7l Wasser-Saft-Gemisch, 3 Kaffee
- Essen: 8 Riegel, 2 Brötchen+Knacker, 4 Gebäck-Teilchen, 2 Bananen, Bonbons, Gummibären