Vorabend

Dem Rennsteig die Treue oder wie war das? Bis zum Traditionsläufer mit mindestens 25 Teilnahmen ist zwar noch etwas Ausdauer gefragt, aber das nächste Puzzlestück soll morgen folgen. Und nachdem ich letztes Jahr das Abenteuer Supermarathon schadlos überstanden hatte, bringt mich heute die Bahn wieder nach Eisenach. Dank einer frühzeitigen Buchung hat sich im Hotel Hainstein auch noch ein bezahlbares Zimmer gefunden und die Auto-Übernachtung entfällt. Gegen halb 6 wird eingecheckt, dann geht es auf direktem Weg runter zum Markt zur Startnummern-Abholung und stimmungsvollen Kloßparty. Rechtzeitig vor dem gegen 20 Uhr niederprasselnden Regenschauer bin ich zurück und versuche so langsam in den Schlafmodus zu kommen.
Wettkampf
Zwar immer noch deutlich zu früh aber immerhin erholter klingelt mich der Wecker halb 5 aus dem Bett. Dann also in die gestern bereitgelegte Tageskleidung geschlüpft und am Frühstücks-Buffet mit Müsli, Joghurt, Obst und Tee gestärkt. Nachdem es beim Check-out ein paar technische Probleme gibt, muss ich den Weg runter in die Stadt gleich für eine Aufwärm-Laufeinheit nutzen. Schnell am Markt noch den gelben Gepäck-Beutel im LKW abgeben, dann beginnt auch schon der traditionelle Schneewalzer und fünf Minuten später fällt pünktlich 6 Uhr der Startschuss, juhu! Bei perfekten Bedingungen (trocken, um 8°C) schieben sich voller Euphorie knapp 2000 Läufer durch die Altstadt von Eisenach. Doch nach 500m beginnt bereits der Anstieg und das Tempo im Feld sinkt spürbar. Jetzt macht sich das Training in den Jenaer Bergen bezahlt und ich arbeite mich stückweise nach vorne auf der Suche nach Tobias, meiner spontanen Lauf-Bekanntschaft vom letzten Mal. Kurz hinter km3 entdecke ich ihn, ein großes Hallo und ab sofort sind wir wieder gemeinsam schnatternd unterwegs.
[© OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA]
So langsam kommen wir aus den tiefhängenden Wolken, hinter der VP Ascherbrück (11.5km/1h7m) lacht bereits die Sonne vom strahlend blauen Himmel und aus dem Waldboden steigen feine Nebelschwaden auf. Was für ein Genuss hier zu laufen und diese Momente erleben zu dürfen! Irgendwie habe ich heute scheinbar einen Sahnetag erwischt, es stimmt einfach alles und die Beine wollen ganz allein nach vorne stürmen. Dazu bieten im Schnitt alle 5km die Verpflegungspunkte eine Erfrischung und Stärkung, ich setze wie üblich auf die bewährte Kombination aus Tee, Apfel, Banane (teilweise in Salz getunkt) und natürlich dem leckeren Heidelbeer-Haferschleim. Aber auch heute zwingt uns der steile Anstieg zum Großen Inselsberg zu den ersten Gehpausen. Der Gipfel (25km/2h32m) belohnt dann allerdings mit bestem Kaiserwetter und der Gewissheit, einen Großteil der Höhenmeter bewältigt zu haben. Weiter geht es recht zügig über den welligen Rennsteig und schon bald ist Strecken-Halbzeit an der Ebertswiese (37km/3h38m) mit der legendären Schutzhütte.
Hinter der Neuen Ausspanne ist die offizielle Marathon-Distanz geschafft und der knackige Sperrhügel-Anstieg erfordert eine durchaus willkommene Gehpause. Bei der 50km-Marke schickt mich Tobias los, er kämpft seit drei Stunden mit muskulären Problemen. Die sanitären Einrichtungen am Grenzadler Oberhof (55km/5h26m) brauche ich heute glücklicherweise nicht, dafür gönne ich mir ein Schmalzbrot um dem leichten Hungergefühl zu begegnen. Nun geht es auf der Strecke der Halbmarathoni weiter, gegen viertel 1 markieren Schneereste am Großen Beerberg (62km/6h18m) den höchsten Punkt. Theoretisch geht es ab hier nur noch bergab und nach der Schmücke (65km/6h37m) sind die Restkilometer einstellig geworden. So lasse ich die Beine rollen und als der letzte VP Kreuzwege passiert ist, gibt der Skihang das Panorama auf Schmiedefeld frei. Die anfeuernden Wandergruppen häufen sich und ich fliege auf den letzten drei Kilometern wie im Rausch nochmal mit einem 4:30er Pace zu Tale. Bestes Leben, aber wo bitte kommt diese Energie plötzlich her? Wahnsinn! Dann wird es lauter, der Sportplatz taucht auf und schließlich ist der Zielbogen nach 7h26m03s unter Tränen des Glücks erreicht, Emotionen pur. Auch Tobias hat sich durchgekämpft und kommt gut 8min später an, stark! Nach Entspannung, wohltuender Dusche und Läufersuppe bringt mich der Shuttlebus nach Oberhof. Dort ist noch Zeit für eine leckere Belohnung im Cafe Luck vor Abfahrt des Linienbusses in Richtung Zella-Mehlis und weiter mit der Bahn über Erfurt nach Hause. Und klar, die Anmeldung für 2026 ist mit diesen Eindrücken reine Formsache. :-)