Prolog
[© OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA]
Im Sommer 1998 kamen die meisten von uns in den Genuss der ersten großen Ferienzeit nach dem zweiten Semester und so stand einem längeren Urlaub nichts im Wege. Wir suchten uns eine Kanutour im schwedischen "(external)Dalsland":http://de.wikipedia.org/wiki/Dalsland zwischen Oslo und Göteborg aus. Mit dabei waren Frank, Hendrik, Jens, Jörg, Marco, Matthias, Ronny, Simon. Die nachfolgend beschriebene
Strecke kann in jeder
GPX-fähigen Kartenanwendung geladen und detailliert nachvollzogen werden.
Sonntag, 09.08.: Von Jena nach Rostock
Für die Fahrt nach Schweden haben wir uns auf eine Zugfahrt geeinigt und so geht es dreiviertel 11 in Jena los. Da wir wieder mal mit dem Wochenendticket unterwegs sind, können zwar kostengünstig vier Leute für 35 DM (17 €) fahren, allerdings bedeutet dies bis Rostock auch etliche Umsteigeaktionen. In Stralsund genehmigen wir uns begünstigt durch einen längeren Aufenthalt einen Döner zum Abendbrot. Mit dabei ist jeweils eine Verpflegungstasche für zwei Leute die es nun über die Bahnsteige zu tragen gilt. Im Rostocker Seehafen verliert Marco’s Hackenporsche beim Hinterherziehen ein Rad und er schleift das Teil nun so hinter sich her.
Montag, 10.08.: Von Rostock nach Ed
Pünktlich 23 Uhr startet unsere Fähre nach Trelleborg. Die sechsstündige Überfahrt verbringen wir im Kino und in der Lounge. Im günstigen Fahrpreis von 30 DM (15 €) war leider keine Schlafkabine inklusive. So kommen wir in aller Frühe etwas zerknittert in Trelleborg an und müssen nun erstmal den Bus nach Malmö suchen. Von dort geht’s mit dem Zug weiter über Göteborg nach Ed für rund 100 DM (50 €) pro Person. Wir kommen in Ed nach knapp 28 Stunden Fahrt leicht erschöpft gegen 14 Uhr an, doch wir werden von einer wärmenden Sonne empfangen. Nun liegt noch ein Fußmarsch von einem Kilometer zur Kanuverleihstation Canodal vor uns, dann haben wir es endlich geschafft. Wir leihen die Boote, packen die Klamotten in die Tonnen und stechen in See. Da es jedoch schon am späten Nachmittag ist, steht nur noch die Suche nach einem geeigneten Biwakplatz auf dem Programm. Von der gleichen Tour 1993 mit Familie habe ich noch einen wunderschönen Platz auf der östlichen Seeseite in Erinnerung, den wir auch ansteuern. Zelte aufgebaut, was leckeres gekocht, dann holen wir erstmal unseren Schlaf nach.
Dienstag, 11.08.: Ruhetag in der Bucht
Da die Anfahrt nach Schweden doch etwas stressig war und es uns hier sehr gut gefällt, legen wir einen ersten Ruhetag ein. Bei einer genaueren Inspektion von Marco’s Tasche für sein Essen fällt ein starker Fischgeruch auf – die Fischbüchse hat wohl die Schleifaktion im Rostocker Seehafen ebenso wenig verkraftet wie der Taschenboden. Ein paar paddeln nach Ed zum Einkaufen, ich lese und entspanne in der allumgebenden Ruhe. Marco und Jörg üben sich derweil im Terraforming für die Zubereitung ihres Abendbrots. Anschließend feiern wir noch Marco’s Geburtstag bei einem Glas Ananas-Bowle und lassen die Stimmung auf uns wirken.
Mittwoch, 12.08.: Zur Insel Tronsholmen
Als wir halb 10 aufstehen, ist der Himmel zwar stark bewölkt, aber es bleibt trocken. Heute steht die erste richtige Etappe auf dem Wasser an. Nach dem Frühstück wird gepackt und schon kann es nach zwei Stunden losgehen. Mittlerweile sind Marco und Jörg bereits losgefahren und haben ein Vorsprung von einer halben Stunde. Aufgrund des günstigen Rückenwindes kommen wir gut voran, doch eine Mittagspause muss auch sein. Wir halten an einer kleiner Insel und stärken uns mit Wurstbroten. Kurz hinter Nössemark haben wir endlich auch zu Marco und Jörg aufgeschlossen und suchen nun gemeinsam nach der nächsten Übernachtungsmöglichkeit, da bei auffrischendem Wind nun ab und zu auch mal eine Welle den Weg ins Kanu findet und es etwas ungemütlicher wird. Die nächste Insel mitten im See befinden wir für geeignet und bauen auf, was sich aufgrund der wenigen guten Stellplätze und dem starken Wind gar nicht als so einfach herausstellt. Vor dem Abendbrot gehe ich erstmal baden und suche ein paar Heidelbeeren zum Nachtisch.
Donnerstag, 13.08.: Ruhetag auf Tronsholmen
Das Frühstück findet heute im Zelt statt, draußen stürmt und regnet es wie verrückt. An ein Weiterkommen ist heute nicht zu denken. Stattdessen lese ich etwas und wische ab und zu die eintretenden Wassertropfen auf. Ab Mittag wird es schöner und die Zelte können trocknen, während wir uns am gemeinsamen Lagerfeuer einfinden, spielen und erzählen. Ab und zu muss mal neues Holz ins Feuer gelegt werden, was auf der Insel gar nicht so einfach zu beschaffen ist. Glücklicherweise haben wir Axt und Säge mitbekommen! Mit einem Topf Pudding läßt es sich leben.
Freitag, 14.08.: Zur Insel Grisholmen
Auch heute ist es wieder stark bewölkt und die Luft ist kühl, trotzdem wollen wir weiter, da wir zur Erkundung der kleinen Insel gestern ausreichend Gelegendheit hatten. Kurz vor 11 Uhr sind alle soweit, daß wir losfahren können. Der Rückenwind schiebt uns konstant weiter nach Norden und mir graut schon davor, daß wir in den nächsten Tagen auf dem See Lelång fast in die entgegengesetzte Richtung unterwegs sind. Aber noch ist es nicht soweit und wir machen erstmal Mittagspause, wieder auf einer Insel. Diese liegt bereits in Norwegen, da hier durch den See die Landesgrenze verläuft. Nun näheren wir uns bald dem nördlichsten Punkt unserer Reise, hier fahren wir windgeschützt an der Landspitze vorbei in Richtung Lennartsfors. Den Ort passieren wir gegen 18 Uhr und müssen noch durch ein Schleusensystem, bevor wir den Stora Le verlassen. Nachdem wir pro Person rund 5 DM (2,50 €) bezahlt haben, befinden wir uns im Lelång und steuern direkt auf die vor uns liegende Insel zu. Dort schlagen wir nach den heutigen 30 Kilometern unser Quartier auf.
Sonnabend, 15.08.: Ruhetag auf Grisholmen
Nach einer sehr erholsamen Nacht nehme ich erstmal ein Bad im See, das erfrischt. Am Himmel bewegen sich immer noch sehr dunkle Wolken, wir deklarieren wieder einen Ruhetag. Vor dem Mittag gehen alle nach Lennartsfors einkaufen, ich bleibe bei den Zelten und spiele Bücherwurm. Am Nachmittag gehen Simon und ich auf Erkundungstour und fahren ein paar Inseln ab, außer Regen finden wir aber nichts spannendes. Also schnell zurück und in der Schutzhütte die Klamotten trocknen. Ronny, Jens und Jörg spielen wieder AD&D. Am Abend versammeln wir uns ums Lagerfeuer und braten Kartoffeln in der Glut. Langsam verziehen sich die Wolken, es wird eine sternklare Nacht – eben Lagerfeuerromantik!
Sonntag, 16.08.: Noch ein Ruhetag auf Grisholmen
Wie es sich gestern abend bereits angekündigt hat, werden wir heute morgen von der Sonne geweckt, ein blauer Himmel mit lockerer Bewölkung hebt sofort die gesamte Stimmung. Jens und ich springen zur Erfrischung ins noch rechte kalte Wasser. Wir beschließen noch einen Tag hier zu bleiben, die wunderschöne Insel und das Wetter zu genießen. Nach dem Mittag setzen Marco, Ronny, Simon und ich nach Lennartsfors über und werfen die Ansichtskarten in den Briefkasten. Anschließend gehen wir auf Wanderschaft nach Grunnerud, welches an der Ostseite des Stora Le liegt. Die sieben Kilometer lange Strecke führt gemächlich durch den Wald, unterwegs gibt es Heidelbeeren und Himbeeren. Am See angekommen suche ich nach meiner Schwester, die in einer kleineren Gruppe die gleiche Strecke paddelt, kann sie aber nicht finden und wir wandern zurück. Anschließend stärken wir uns beim Abendbrot und sitzen wieder gemütlich am Lagerfeuer, während die Sonne untergeht.
Montag, 17.08.: Von Grisholmen nach Verkenäset
Genug geruht, heute packen wir alles zusammen und begeben uns auf’s Wasser, obwohl es mal wieder sehr windig und stark bewölkt ist. Entsprechend groß ist der Motivationsaufwand, alle erstmal aus den Zelten zu bekommen. Gegen 11 sind wir startklar und haben den Wind genau gegen uns. Die Mittagspause halb 2 erleben wir noch im Trocknen, doch kurze Zeit später kommt richtiger Regen auf und wir sind sofort naß. Gut, wenn man eine Regenjacke dabei hat – oder eben nicht, wenn diese noch zu Hause liegt. Bei einem Bootshaus stellen wir uns für eine halbe Stunde unter, aber es wird nicht besser und man kühlt aus. Also weiter. Plötzlich winkt am Ufer jemand, wir steuern in die Richtung in der Hoffnung, Marco und Jörg wiedergefunden zu haben, die mal wieder voraus gefahren sind. Als wir näher kommen, erkennen wir jedoch meine Schwester und ihre Gruppe. Welch ein Wiedersehen, vorallem haben sie bereits ein knackendes Feuer! So bauen wir schnell im Regen auf, gruppieren uns um die wohltuende Wärme und erzählen von unseren bisherigen Erlebnissen.
Dienstag, 18.08.: Von Verkenäset zur Insel Greaön
Obwohl auch heute wieder ein Fahrtag auf dem Programm steht, schlafen Jens und ich erstmal kräftig aus. Während wir bei schönstem Wetter frühstücken, packen die anderen schon zusammen, während im Wind das Zelt flott abtrocknet. Bevor wir halb 12 versuchen weiterziehen, verabschieden wir uns noch von der anderen Truppe meiner Schwester. Bei leicht seitlichem Rückenwind kommen wir gut voran, heute macht es wieder richtig Spaß die Paddel durchs Wasser zu bewegen. Unser Ziel ist ein Biwakplatz in der Nähe von Bengtsfors, wo wir die Boote am Donnerstag wieder abgeben müssen. Kurz bevor sich der See verengt und teilt, finden wir auf der Insel Greaön einen wunderschönen Platz und bauen auf. Marco und Jörg sorgen mit der Axt erstmal für ordentlich Feuerholz, dann springen wir alle ins erfrischende Wasser. Am Lagerfeuer lassen wir uns es dann gut gehen bei Tetrapack-Wein und Ananas aus der Dose.
Mittwoch, 19.08.: Ruhetag und Ausflug nach Bengtsfors
Da wir mittlerweile ganz in der Nähe von unserem Zielort Bengtsfors sind, können wir heute nochmal den letzten Tag richtig genießen. Wir schlafen richtig aus, gehen baden und genießen die Sonne, auch wenn es für einen Sonnenbrand nicht wirklich reicht. Nach dem Mittagessen paddeln Marco, Jörg, Jens und in den Ort zum Einkaufen. Mal wieder frisches Obst und ein paar Kleinigkeiten für die Heimfahrt, ansonsten ist bei den Preisen eher Zurückhaltung angesagt. Als wir wieder am Biwakplatz ankommen, wollen Ronny, Simon, Frank und Hendrik fahren. Doch Ronny und Simon werden im leeren Kanu von Marco und Jörg gerammt und kentern. Da Ronny noch stehen kann, reicht ein Griff an’s andere Kanu und schon liegen Marco und Jörg auch im Wasser. Wie die Pudel trotten sie ans Ufer und trocknen ihre Klamotten. Den letzten Abend verbringen wir am Lagerfeuer und entspannen.
Donnerstag, 20.08.: Von Bengtsfors nach Göteborg
Nun ist der Tag der Abreise gekommen, doch die Kanus sind erst am Nachmittag in Bengtsfors abzugeben, also können wir ganz gemütlich den Tag beginnen. Zudem regnet es mal wieder, was nicht gerade zum Aufstehen motiviert. Dann bekommen wir Besuch vom Ranger, der für die Nacht von jedem 5 DM (2,50 €) haben möchte, immerhin die erste Gebühr für eine Übernachtung auf der gesamten Tour. Nach dem Mittagessen bauen wir langsam ab und bewegen uns zum vereinbarten Treffpunkt. Dort entpacken wir die Boote und übergeben sie Bertil von Canodal. Für die 10 Tage Ausleihe löhnt jeder 170 DM (85 €). Den Rucksack auf dem Rücken geht’s zum Busbahnhof und von dort nach Mellerüd, ganz ohne Plan. Hier haben wir Zug-Anschluß nach Göteborg, doch als wir dort kurz nach 20 Uhr ankommen, war’s das für heute und wir müssen auf dem Bahnhof die Nacht verbringen.
Freitag, 21.08.: Von Göteborg nach Rostock/Jena
Halb 5 erwacht um uns der Bahnhof und ich erhebe mich von der Isomatte. Viertel sieben fährt unser Zug nach Malmö und wie auf der Anreise bringt uns ein Bus weiter nach Trelleborg. Mit der TT-Line fegen wir über die rauhe See und kommen 17 Uhr in Rostock an. Da wir aus Kostengründen auf das Wochenendticket angewiesen sind, steht uns auch noch eine Nacht in der Hansestadt bevor, die wir zum Teil mit Stadtbesichtigung und Kinobesuch nutzen. Am nächsten Morgen fahren wir mit dem ersten Zug über Stralsund, Dessau und Halle nach Jena. Nach rund 48 Stunden seit Bengtsfors kommen wir 17 Uhr in Jena etwas erschöpft an.