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Glücksmomente
Bootstour Czarna Hancza
  4. August 2013      4 Kommentare

Prolog

Czarna Hancza - Karte
OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA]
Aufgrund der wundervollen aber etwas länger zurückliegenden Erinnerungen an die Czarna Hancza wollen wir diese mit einer erneuten Kanutour wieder auffrischen. Der einzige Wermutstropfen besteht in der langen Anreise von gut 1100km, zu der wir am Samstag um 9 Uhr mit dem Auto aufbrechen. Das größte Stück über Berlin und Frankfurt/Oder bis Warschau fährt sich zum Glück sehr entspannt auf der Autobahn, dafür werden uns auf polnischer Seite aber auch 77 PLN (19 EUR) als Maut abgenommen. Trotz Temperaturen um 35°C hält Felix auf der Rückbank tapfer durch und so kommen wir mit wenigen Pausen gegen halb 8 abends in Ostrow Mazowiecka an. Bevor wir im Hotel Zajazd Mazowiecki zur Übernachtung einchecken ziehen wir am Bankautomaten noch 1400 PLN für die kommenden Tage. Morgen liegt noch ein kleines Stück Autofahrt vor uns, dann sind wir endlich am Ziel, wobei unsere Route auf dem Wasser durch den Verlauf der Czarna Hancza und den Augustow-Kanal weitestgehend vorgegeben ist.

Sonntag, 04.08.: Bryzgiel – Gawrych Ruda [7km]

Czarna Hancza - Tag 1
Passend zum einfachen Hotel-Charakter (160 PLN/Nacht) ist auch das Frühstück sehr übersichtlich und macht trotzdem satt. Halb 9 sitzen wir wieder im Auto um die restlichen 200km über die Landstraße zu bewältigen. Kurz vorm Ziel bietet das Kaufland in Augustow eine gute Gelegenheit die Vorräte an haltbaren Lebensmitteln aufzustocken. Schließlich erreichen wir halb 1 den Kanuverleih AS-Tour in Mackowa Ruda und packen in die Tonnen sowie Ortlieb-Taschen um. Nun geht’s mit dem Transporter über staubige Pisten noch ein paar Kilometer nach Bryzgiel am Wigrysee, wo wir kurz vor 14 Uhr einsetzen und endlich der Urlaub beginnt! Aufgrund eines kleinen Orientierungsproblems schlage ich hinter den ufernahen Inseln leider den falschen Kurs ein und so kommen wir in den westlichen Teil des Wigrysees. Als der Fehler offensichtlich wird ist das für heute vorgesehene Ziel am nördlichen Ende nicht mehr zu erreichen und wir bauen gegen 17 Uhr auf dem kleinen Campingplatz U Jawora bei Gawrych Ruda auf (30 PLN/Nacht).

Montag, 05.08.: Ruhetag [0km]

Czarna Hancza - Tag 2
Den ungeplanten Zwischenstopp hier am Jezioro Okragle müssen wir sogar noch um einen Tag verlängern, da es sich nach dem Frühstück ordentlich einregnet. Bis zum Mittag bleiben wir im Zelt und spielen mit Felix Karten oder vertreten uns die Beine an der Rezeption. Am frühen Nachmittag hat sich das Regengebiet verzogen und die Sonne kommt raus. Felix erkundet die Umgebung und schaut den Fischern zu, während wir etwas zum Lesen kommen. Zum Abendessen genießen wir an der frischen Luft Brot mit Tomaten, Frischkäse und Zwiebeln, köstlich! Als Nachtisch haben wir mittlerweile auch den Maulbeerbaum hinterm Zelt entdeckt, nachdem unsere polnischen Mit-Camper regelmäßig zum Pflücken vorbeikommen. Der Abend klingt ganz entspannt bei Buchlektüre und Weinchen in der untergehenden Sonne aus.

Dienstag, 06.08.: Gawrych Ruda – Jezioro Wigry – Jezioro Postaw [18km]

Czarna Hancza - Tag 3
Die Sonne begrüßt uns vom strahlend blauen Himmel als wir kurz nach 7 den Kopf aus dem Zelt stecken. Nach einem leckeren Frühstück mit Brötchen, Tee, Ei und Joghurt werden die Tonnen und Taschen gepackt, halb 11 sitzen wir im Kanu und können starten. Gut gestärkt und voller Tatendrang paddeln wir gen Osten über den Wigrysee, Felix sitzt im Boot zwischen uns und angelt. Zwei Stunden später knickt der See nach Norden ab, eine Bucht am Westufer bietet einen geeigneten Rastplatz zum Mittag mit Brot, Wurst und Käse. Nun liegen nochmal zwei Stunden vor uns, bevor wir den kleinen Jezioro Postaw queren und an dessen Ende den Abfluss der Czarna Hancza erreichen. Nach ein paar Metern durch’s Schilf steuern wir auf der linken Seite den ersten Biwakplatz an und bauen das Zelt einer guten Tradition folgend hier auf. Kurze Zeit später schaut der Eigentümer vorbei und kassiert 10 PLN für die Nacht. Den restlichen Nachmittag verbringen wir mit Baden, Karten spielen und ich spaziere mal vor nach Wigry um mir das ehemalige Kamaldulenserkloster anzuschauen. Zum Abendbrot gibt’s Lagerfeuer-Kartoffeln, bis halb 10 staunt Felix über die unzähligen Sterne am dunklen Nachthimmel.

Mittwoch, 07.08.: Jezioro Postaw – Mackowa Ruda [8km]

Czarna Hancza - Tag 4
Die aufgehende Sonne erwärmt mit jeder Minute unser Zelt und so stehen wir schließlich kurz nach 7 auf. Während das Teewasser köchelt, gönne ich mir eine Erfrischung in der Czarna Hancza. Nach dem Frühstück folgt das übliche Ritual der nächsten Tage: Schlafsäcke einpacken, Isomatten zusammenrollen, Klamotten in Tonnen packen, Zelt abbauen und alles im Kanu verstauen. Heute dauert das noch zwei Stunden und so sitzen wir erst halb 11 im Boot. Gemütlich treiben wir auf dem Flüsschen durch Wiesen und Felder, Felix lässt sich zur Abkühlung an der Angelschnur hinterherziehen. Zum Mittagessen gibt’s Brot mit Knacker und Käse, kurz darauf erwarten uns am Ufer die ersten Buchteln mit frischer Milch (10 PLN). Ein paar Kilometer weiter erreichen wir wieder Mackowa Ruda, wo vor drei Tagen die Kanutour begann. Im ortsansässigen Tante-Emma-Laden kaufen wir frisches Obst, Gemüse und Brot und können auch unsere Wasservorräte auffüllen. Hinter der Straßenbrücke bietet sich auf rechten Seite ein schöner Biwakplatz zwischen einzelnen Birken an (15 PLN/Nacht). Es ist zwar erst halb 3, aber für heute soll es genug sein und wir nutzen den schönen Nachmittag lieber zum spielen und baden. Zum Abendbrot brennt wieder das Lagerfeuer und der Tag klingt aus mit gegrillten Würstchen, Knoblauch-Brot und Kartoffeln.

Donnerstag, 08.08.: Mackowa Ruda – Tartaczysko [15km]

Czarna Hancza - Tag 5
Gut geschützt durch den Schatten einiger Birken weckt uns die Sonne erst halb 8 nach gut 10 Stunden Schlaf, jetzt erstmal ein gemütliches Frühstück an der frischen Luft. In die anschließenden Handgriffe beim Packen kommt nun langsam auch Routine rein und so legen wir halb 11 ab. Ein kurzes Stück geht es auf der Czarna Hancza noch in nordöstliche Richtung, dann wendet sie sich bei Buda Ruska wieder gen Süden. Mittlerweile ist das Flussbett auch deutlich breiter geworden, Felix lässt sich erneut hinterherschleppen. Zum Mittagessen rasten wir in Wysoki Most an der Brücke und packen Brot, Tomaten, Frischkäse und Zwiebeln aus. Kurz darauf gibt’s wieder ein Buchtel-Drive-In, gut versorgt treiben wir entspannt durch den Urwald. Bei Studziany Las legen wir eine längere Badepause ein und entschließen uns dann doch noch bis Tartaczysko weiterzufahren. Halb 5 ist jener Biwakplatz erreicht, auf dem wir das letzte Mal von einer netten Oma herzlich empfangen und versorgt wurden. Trotz einiger Bäume am Hang ist die Wiese mit den beiden Stegen sofort wiederzuerkennen, für 35 PLN/Nacht haben wir die freie Platzwahl inklusive Feuerholz. Nach dem Sitzen im Boot braucht Felix noch etwas Bewegung und ich laufe mit ihm zur Tankstelle in Fracki, wo es Eis und Radler gibt. Nach dem Abendbrot mit Reis und Gehacktem setzen wir uns wieder mit ein paar Kartoffeln ans Lagerfeuer und genießen die einbrechende Dämmerung.

Freitag, 09.08.: Ruhetag [0km]

Czarna Hancza - Tag 6
Unter einem leicht verhangenem Himmel stehen wir gegen halb 8 auf und packen wie üblich nach dem Frühstück zusammen. Als alles bereits im Kanu verstaut ist, setzt ein kräftiger Regenschauer ein den wir am überdachten Tisch abwarten wollen. Da jedoch das Wetter insgesamt sehr unbeständig aussieht und die Aussicht auf einen Regenguss während der Fahrt nicht sehr verlockend ist, entschließen wir uns kurzerhand noch eine Nacht hier zu bleiben. Also das Kanu entladen und das Zelt wieder aufgebaut. Bis zum Mittagessen mit einer freundlichen Buchstabensuppe helfe ich Felix beim Bauen eines Segelbootes aus einem Stück Rinde. Nach ein wenig faulenzen und entspannen starten wir halb 5 nochmal zur Einkaufstour nach Fracki. Das auf dem Rückweg gesammelte Feuerholz findet kurze Zeit später seine Verwendung beim Lagerfeuer-Abendbrot mit Kartoffeln, Würstchen und Knobibrot. Bis in die späte Nacht sitzen wir dann noch am benachbarten Lagerfeuer einer polnischen Reisegruppe bei Kirschlikör und wunderschönen Gitarren-Liedern, Völkerverständigung auf seine beste Weise!

Samstag, 10.08.: Tartaczysko – Rygol [23km]

Czarna Hancza - Tag 7
Nach einem nächtlichen Regenguss ist der Himmel immer noch stark bewölkt als der Tag kurz vor 8 Uhr beginnt. Heute soll die Tour aber trotzdem fortgesetzt werden, also erwarten uns nach einem erfrischenden Bad und dem Frühstück mit warmen Bucheln die üblichen Pack-Routinen. Halb 11 ist das Kanu startklar und wir legen ab mit der Hoffnung, dass die Wolken nicht abregnen mögen. Nachdem die Straßenbrücke bei Fracki passiert ist, schlängelt sich die Czarna Hancza wildromantisch durch den Augustowska-Urwald. Hier gibt es jede Menge Libellen für Felix zu beobachten. Bei Okolek öffnet sich wieder der Wald und es folgt ein Stück flaches landwirtschaftlich geprägtes Gebiet. An einem der wenigen Uferstellen ohne Schilf halten wir zum Mittagessen mit Tomatenbrot. Weiter geht es vorbei an den verschlafenen Dörfern Hancza und Dworczysko bevor uns erneut der Urwald umgibt. Dieses Stück bis zum Ende der Czarna Hancza in Rygol erfordert volle Konzentration will man nicht an quer im Flussbett liegenden Wurzeln und Ästen kentern. Schließlich erreichen wir halb 5 Rygol und bauen an der Einstiegstelle hinter der Brücke für 21 PLN/Nacht auf, kurz nach der Bifurkation in Richtung Augustow-Kanal und Szlamica. Keinen Moment zu früh, denn kaum steht das Zelt setzt ein starkes Gewitter mit Platzregen ein. Drinnen ist es schön kuschlig und wir spielen Karten bis zum Abendbrot, wofür heute mal wieder der Kartuschen-Kocher herhalten muss. Zur Abwechslung erzählt uns Felix dann noch eine Gute-Nacht-Geschichte.

Sonntag, 11.08.: Rygol – Jezioro Paniewo [11km]

Czarna Hancza - Tag 8
Nach dem heftigen Sommergewitter begrüßen uns heute wieder lockere Wölkchen am Himmel beim morgendlichen Bad und Frühstück. So können wir auch problemlos alles trocken verpacken und zur üblichen Zeit starten. Einen kleinen Schlenker später mündet die Czarna Hancza in den Augustow-Kanal, dem wir nun nach Westen folgen. Bereits an der ersten Schleuse (je 4 PLN) in Mikaszowka gibt’s eine längere Pause zum Einkaufen und Mittag essen. Nun wechseln sich mehr oder weniger erschlossene Seen mit Kanälen ab, so gibt es immer was zu entdecken. An der Doppelschleuse Paniewo werden mal wieder leckere Buchteln verkauft, die sich durchaus in Konsistenz und Geschmack von denen an der Czarna Hancza unterscheiden. Gleich nach Verlassen der Schleuse steuern wir das Ostufer des Paniewo-Sees an und finden wie vor neun Jahren einen Biwakplatz zwischen Ufer und Wald, damals noch kostenlos und mittlerweile für 30 PLN. In der glitzernden Abendsonne ist das Baden ein Genuss, nach einem kurzen Regenschauer lassen wir wieder das Lagerfeuer knistern.

Montag, 12.08.: Jezioro Paniewo – Studzieniczne [15km]

Czarna Hancza - Tag 9
Kurz nach 7 Uhr schälen wir uns aus Schlafsack und Zelt, trotz einer kühlen Nacht renne ich erstmal in den See um richtig wach zu werden. Der heiße Tee zum Frühstück tut sehr gut, auch beim Packen und Abbauen wird uns schnell warm. Wieder mal halb 11 ist alles geschafft und wir sitzen im Kanu. Bevor es jedoch weiter Richtung Augustow geht, paddeln wir kurz zur Schleuse Paniewo zurück um ein paar frische Buchteln (3 PLN/Stück) zu kaufen. Felix kann sogar der Schleusenwärter-Frau beim Backen durch’s offene Küchenfenster zuschauen, was für eine Idylle! An der nächsten Schleuse Gorczyca auf unserer eigentlichen Route ist es bereits halb 1, Zeit für das Tomatenbrot. Anschließend erwartet uns nach ein paar Gärten und verschilften Uferzonen ein sehr markantes 3km schnurgerades windgeschütztes Kanalstück in praller Sonne. Dieses endet an der Schleuse Swoboda, hier füllen wir die Frischwasser-Kanister auf. Kaum hat sich danach der See Studzieniczne geöffnet, schlägt uns ein kräftiger Westwind entgegen und wir steuern kurz vor 17 Uhr den Campingplatz (18 PLN) an der Südseite an. Während des Zeltaufbaus spielt Felix am Sandufer und geht baden. Aufgrund des fehlenden Lagerfeuers muss heute zum Abendbrot mal wieder der Kocher für einen Pastasnack herhalten. Bis halb 9 lesen wir vorm Zelt, dann wird’s zu kühl und wir folgen Felix ins Traumland.

Dienstag, 13.08.: Rückfahrt nach Jena [1100km]

Czarna Hancza - Tag 10
Ungewöhnlich spät stehen wir heute erst kurz nach 8 Uhr auf, durch den stark verhangenen Himmel fehlt aber auch die typische Helligkeit und Wärme um diese Zeit. Zum Frühstück kriechen wir lieber ins kuschlige Zelt zurück und packen dann die Tonnen. Gleich nach dem Start erfordert der Gegenwind den vollen Einsatz an beiden Paddeln. Mittendrin in der See-Überquerung beginnt es auch noch zu regnen. An der folgenden Schleuse Przewięź direkt an der Landstraße 16 beschließen wir deswegen das Ende der Tour. Einerseits trennt uns vom ursprünglichen Ziel Augustow nur noch der nächste See und andererseits wollen wir die vergangenen Tage in guter Erinnerung behalten und nicht mit einer Fahrt im Regen abschließen. Nach Anruf beim Kanu-Verleiher holt uns dieser halb 1 ab, in Mackowa Ruda wird im strömenden Regen alles wieder ins Auto umgepackt. Bevor es gegen 16 Uhr auf die Heimreise geht, genießen wir in Augustow beim Griechen ein leckeres traditionelles Urlaubs-Abschiedessen. Gut ausgeruht und mit nachlassendem Verkehrsaufkommen fährt sich die Strecke über Warschau und die A2 sehr entspannt zurück. Felix macht auch problemlos mit und schläft irgendwann nach Sonnenuntergang ein. Die knapp 1100km sind zwei Tankstopps und 11 Stunden später geschafft, in Jena angekommen fallen wir ins Bett und träumen von der Czarna Hancza…

Kommentare [4]

  1. Sabine Schultz schrieb am 28. Juli 2014, 20:53 [#]

    Na das find ich ja klasse, Ihr habt die gleiche Route sehr schön beschrieben, auf die wir am Sonntag aufbrechen wollen. Jetzt ist ja alles klar, sogar die Kilometeranzahl kann ich übernehmen, wir wohnen in Unterbodnitz, ganz nah bei Jena, danke! Doch eine Frage hätte ich: wir nehmen unser Faltboot mit, sind also nicht an einen Kanuvermieter gebunden. Wie sind die Möglichkeiten das Auto für ein paar Tage sicher irgendwo abzustellen? Ist das bei den Reiseanbietern möglich?
    Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen.
    Liebe Grüße
    Sabine Schultz

  2. Matthi schrieb am 29. Juli 2014, 09:46 [#]

    @Sabine: ich habe Dir eine E-Mail geschrieben. Gute Fahrt und eine entspannte Zeit an der Czarna Hancza, da bekomme ich gleich wieder Paddel-Sehnsucht :)

  3. Micha schrieb am 29. Juli 2014, 15:23 [#]

    Das ist die Tour von der Du erzähltest? Habs auf die To-Do-Liste gesetzt. Klingt nach Natur pur :)

  4. Matthi schrieb am 29. Juli 2014, 16:31 [#]

    @Micha: genau, davon habe ich geschwärmt :) Im Gegensatz zur Krutynia ist man auf der Czarna Hancza nur am Fluss. Bei Rygol kurz vor der Weißrussischen Grenze kann man aber nach Augustow paddeln und hat auch den See-Kanal-Wechsel. Wir waren ja schon drei Mal dort und kommen bestimmt wieder!