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Glücksmomente
Bootstour Czarna Hancza
  1. August 2015      2 Kommentare

Prolog

Paddeltour Czarna Hanzca 2015 - Karte
OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA]
Weil es vor zwei Jahren so wundervoll entspannt war, lassen wir uns auch diesen Sommer gemeinsam mit meinen Eltern an die Czarna Hancza locken. Am Freitag wird das Mietauto bei Europcar geholt und gepackt, damit steht einem stressfreien Start gegen 8 Uhr am Samstag nichts im Weg. Wir entscheiden uns für die mautfreie Strecke von gut 1070km auf der A4 über Dresden und Breslau. Problemlos und gut klimatisiert rollen wir durch Polen, ab Warschau geht es auf der E67 bis zu unserem heutigen Übernachtungsziel in Ostrów Mazowiecka weiter, wo wir gegen 20 Uhr ankommen. Beim Abendessen in der benachbarten Trucker-Bar werfen wir voller Vorfreude bereits einen Blick auf die Karte mit der vor uns liegenden Tour.

Sonntag, 02.08.: Bryzgiel – Jezioro Wigry – Jezioro Postaw [12km]

Paddeltour Czarna Hanzca 2015 - Tag 1
Am nächsten Morgen beginnt auf den letzten 200km bereits die gesuchte Entschleunigung während wir auf der S61 durch Dörfer und Städte ein paar Jahrzehnte zurückreisen. In Augustow decken wir uns im Kaufland (auch am Sonntag geöffnet!) mit Brot, Obst, Gemüse, Frischkäse und Bier für die kommende Woche ein. Schließlich ist gegen 13 Uhr der Bootsverleih in Mackowa Ruda erreicht. Für 120 EUR/Woche bekommen wir hier einen Kanadier und dürfen nun erstmal den Kofferraum in die drei Tonnen und Ortlieb-Taschen umpacken. Bald darauf ist auch das Faltboot der Eltern aufgebaut und wir werden zum Einstiegspunkt in Bryzgiel gebracht. Nach erneutem Umpacken sitzen wir Punkt 16 Uhr in den Booten und suchen uns zunächst den richtigen Weg zwischen vorgelagerten Inseln und Schilfgürteln in den großen Wigry-See. Unser heutiges Ziel ist ein Biwakplatz direkt am Abfluss der Czarna Hancza, nach gut zwei Stunden des konzentrierten Paddelns ist dieser erreicht. In der schwindenden Sonne bauen wir unsere Zelte um 19 Uhr auf und suchen Feuerholz. Zum Abendessen gibt es leckeres Tomatenbrot und später aus dem Feuer noch Kartoffeln. Nur die Nacht wird aufgrund eines spät angereisten Autos voller Halbstarker bei Musik und Alkohol leider alles andere als ruhig.

Montag, 03.08.: Jezioro Postaw – Mackowa Ruda [7km]

Paddeltour Czarna Hanzca 2015 - Tag 2
Halb 8 weckt uns die Sonne und wir kriechen aus dem Zelt, mit dem erfrischenden Sprung in die Czarna Hancza weichen dann auch die Spuren des Schlafdefizits der vergangenen Nacht. Während des Frühstücks kommt schon vom nahegelegenen Verleiher der erste Transporter mit einer Tagestour-Gruppe und 5 Kajaks. Zwischendrin bauen wir unsere Zelte ab und werden für die Übernachtung abkassiert (10 PLN/Zelt). Gemeinsam mit der nächsten Kajak-Gruppe starten wir gegen halb 11, mittlerweile brennt die Sonne schon ganz ordentlich und so kühle ich mich schnell nochmal im Fluss ab. Eine ganz ordentliche Strömung bringt uns auf dem glasklaren Wasser zwischen Felder, Wiesen und Schilf sehr entspannt voran. Der erste Steg mit Buchteln (im Original Jagodzianki) kommt etwa 2km vor Mackowa Ruda, kurz nachdem sich die Czarna Hancza aus ihrer bisherigen ostwärtigen Fließrichtung im rechten Winkel nach Süden orientiert. Darüber hinaus werden noch Gehacktes-Piroggen und Kaffee angeboten, da legen wir doch nach zwei Stunden gemütlicher Fahrt gerne eine Mittagspause ein. Gut gestärkt steigen wir anschließend wieder in die Boote, doch bereits der erste Biwakplatz in Mackowa Ruda gefällt uns so gut, dass wir hier übernachten wollen. Da es erst 14 Uhr ist, bleibt auch mal Zeit zum Baden, Lesen, Karten schreiben und Volleyball spielen. Am späten Nachmittag bauen wir dann die Zelte auf (30 PLN/Zelt inkl. Feuerholz), nach dem Tomaten(abend)brot statten wir dem örtlichen Sklep einen Besuch ab und trinken am Kiosk in der Abendsonne ein leckeres Malina-Bier (Bier mit Himbeer-Sirup). Zurück am Biwakplatz gleitet der Tag am knisternden Lagerfeuer in aller Ruhe mit Knoblauchbrot und Kartoffeln aus.

Dienstag, 04.08.: Mackowa Ruda – Ciemny Las [9km]

Paddeltour Czarna Hanzca 2015 - Tag 3
Gegen 8 Uhr endet eine sehr erholsame Nacht und wieder begrüßt uns die Sonne vom stahlblauen Himmel. Mittlerweile sind die optimalen Abläufe um Frühstücks-Vorbereitung, Tonnen-Packen und Zelt-Abbau aus den letzten Jahren wieder präsent, auch Felix hilft fleißig beim Beladen des Bootes mit. Bevor es 11 Uhr losgeht, genießen wir nochmal eine Abkühlung in der Czarna Hancza. Vorbei an Mackowa Ruda mit weiteren schönen Biwakplätzen folgen wir der Strömung zunächst nach Nordosten mit intensiver Rückenbräunung. Praktischerweise wechselt der Fluss nach gut einer halben Stunde seine Richtung gen Süden, sodass nun unsere Vorderseiten gebrutzelt werden. Felix schwimmt dagegen an geeigneten Stellen zwischen den beiden Booten, bis ihm die Wasserpflanzen zu dicht werden. Kurz hinter Buda Ruska legen wir am rechten Ufer eine Mittags- und Badepause ein, der Steg am Biwakplatz lädt zu erfrischenden Sprüngen ein. Die folgenden zwei Stunden gleiten wir größtenteils durch schattige und naturbelassene Waldabschnitte, wobei die Czarna Hancza hier bis zu 10m breit ist und teilweise stark verkrautete Teilarme aufweist. Das Mütterchen am Steg in Wysoki Most sitzt leider nicht mehr da und so wird es ein Buchtel-freier Tag. Kurz vor Studziany Las weicht der Wald wieder den Feldern und Wiesen von Ciemny Las, gleich der erste Biwakplatz auf der linken Seite bekommt unseren Zuspruch für die Nacht. Da es erst gegen 15 Uhr ist, können wir nach einem kühlen Anlegebier mit dem anschließenden Zeltaufbau (14 PLN/Nacht inklusive Feuerholz) noch etwas Volleyball spielen und Felix bei seinen ersten eigenständigen Kanufahrten beobachten. Am Abend werden wir vom freundlichen Grundstücksbesitzer noch auf den mobilen Sklep hingewiesen, in einem abgewrackten Setra S 110 H fahren frisches Brot, Gemüse und Getränke vor. Der große Hunger wird heute am Kocher mit einer Portion Miracoli gestillt, die Lagerfeuer-Kartoffeln sind dann ein willkommener Nachtisch.

Mittwoch, 05.08.: Ciemny Las – Fracki [9km]

Paddeltour Czarna Hanzca 2015 - Tag 4
Als Felix und ich kurz vor 8 Uhr die Augen aufschlagen, sitzt Diana bereits draußen in der Morgensonne. Auch die Zelte der anderen Paddler-Gruppen erwachen langsam und ich stopfe zunächst unsere Schlafsäcke in die Hüllen, bevor wir uns Marmeladenbrot, Obst und Tee schmecken lassen. Hierfür bietet auch dieser Biwakplatz eine überdachte Sitzgelegenheit, welche nicht nur bequem ist sondern auch willkommenen Schatten spendet. Wie üblich sind die Boote 11 Uhr startklar und wir suchen uns einen geeigneten Flussarm durch das Schilf. Doch schon nach einer Viertelstunde taucht am linken Ufer ein Bauernhof mit gut ausgebautem Rastplatz auf, den wir für ein paar frittierte Buchteln (2 PLN/Stück) und einen erfrischenden Sprung ins Wasser ansteuern. Anschließend geht es weiter an den Häusern von Studziany Las vorbei, nach der Brücke finden wir wieder Schatten im Wald. Gegen 13 Uhr ist Tartaczysko erreicht, für eine Mittagsrast halten wir am traditionell angesteuerten Biwakplatz der letzte Jahre (2005, 2006, 2013). Auch ohne Übernachtungs-Absichten verlangt die Omi hier mittlerweile eine Anlege-Gebühr (5 PLN/Boot). Einen Kilometer flussabwärts halten wir an der Brücke der DK16 und füllen im Sklep von Fracki unsere Vorräte auf. Drei Schleifen weiter finden wir halb 4 einen schön gelegenen Biwakplatz (15 PLN/Nacht) am zurückgesetzten Waldrand. Der verbleibende Nachmittag ist gut gefüllt mit Zeltaufbau, Volleyball spielen und Feuerholz sammeln, wobei noch eine leckere Pilzpfanne abfällt. Nach dem Abendessen lodert wieder das Lagerfeuer, zu Knoblauchbrot und Würstchen lauscht Felix spannenden Geschichten zum deutlich sichtbaren Kassiopeia-Sternbild.

Donnerstag, 06.08.: Fracki – Rygol [23km]

Paddeltour Czarna Hanzca 2015 - Tag 5
Zur heutigen Frühstücks-Zeremonie haben wir den Pole Namiotowe ganz für uns alleine, im Gegensatz zu den letzten Jahren ist dies mittlerweile eher von Seltenheitswert. Ansonsten fühlen wir uns mittlerweile wie beim Murmeltiergrüßen, alle Handgriffe sitzen und auch das Wetter zeigt sich weiterhin von seiner besten Seite. Nachdem wir gegen 11 gestartet sind, schlängelt sich zunächst die Czarna Hancza durch den Wald vorbei an einer PTTK-Station und einigen wenigen Biwakplätzen, die sich jedoch teilweise nur über sandige Steilhänge erreichen lassen. Nach gut einer Stunde öffnet sich der Wald für bewirtschaftete Wiesen und einzelne Siedlungen, in zahlreichen Schleifen paddeln wir weiter südostwärts. Passend zur Mittagszeit bietet sich ein Rastplatz am rechten Steilufer zum Genuß von Buchteln und Kaffee an, von hier oben hat man einen guten Blick auf die noch folgende Strecke durch die Schilflandschaft. Nach einer kleinen Extrarunde in einem toten Flussarm bei Okólek und einer Badepause unterqueren wir gegen 15 Uhr die Brücke bei Dworczysko, auf dem letzten Teilstück erwartet uns nun der ursprünglichste Abschnitt des Augustow-Urwald. Quer über den Fluss liegende Bäume und gegen die Fließrichtung unter Wasser steckende Äste machen die Fahrt hier zu einem echten Abenteuer, wobei auch regelmäßig agressive Bremsen und Mücken unsere Aufmerksamkeit fordern. Kurz nach 17 Uhr ist die längste Etappe der Gesamtstrecke endlich geschafft und wir erreichen Rygol. Auf dem wunderschön gelegenen Biwakplatz an der Försterei schlagen wir unser Nachtlager auf, wofür auch schon in der Vergangenheit keine Gebühr erhoben wurde. Zum Abendessen gibt es heute mal Bigos vom Kiosk, bis in die Nacht sitzen wir dann wieder am kisternden Lagerfeuer und genießen den fantastischen Blick zu den Sternen.

Freitag, 07.08.: Rygol – Jezioro Paniewo [10km]

Paddeltour Czarna Hanzca 2015 - Tag 6
Am Rhythmus der vergangenen Tage halten wir auch heute fest, vor dem Start gegen halb 11 ist noch Zeit für ein paar erfrischende Sprünge vom Steg. Nach ein paar letzten Kurven auf der Czarna Hancza verlassen wir diese leider schon wieder, kurz vor der Brücke in Rygol geht es scharf rechts in den Abzweig zum Augustow Kanal. Die letzte Etappe unseres Paddelurlaubs wird also etwas intensiver für die Arme aufgrund der fehlenden Strömung, zudem sind die Seen und Kanäle touristisch sehr viel dichter erschlossen. Für gut 4 PLN/Boot öffnen sich nun an den folgenden Schleusen die Tore, bei Mikaszówka legen wir eine größere Pause ein und kaufen im örtlichen Sklep einige Lebensmittel nach. Zum Badespaß landen wir später am Ostufer des langgestreckten Mikaszewo-See an, allerdings haben die Seen gegenüber der Czarna Hancza leider eine deutlich schlechtere Wasserqualität. Gegen halb 4 ist die Doppelschleuse Paniewo erreicht und wir genießen nach dem Hubvorgang direkt am Ufer die besten Buchteln der ganzen Tour mit frischem Kaffee, allein dafür lohnt sich schon die weite Anreise! Kurz darauf wird auch schon das heutige Nachtlager am Paniewo-See angesteuert (15 PLN/Zelt), zwischen dem Waldrand und einer Sandstraße mit kleiner Badebucht. Der Abend bleibt sehr warm und selbst am Feuer ist man vor den Mücken nicht sicher, dafür haben wir einen tollen Blick auf den Sonnenuntergang direkt über dem See.

Samstag, 08.08.: Rückfahrt

Paddeltour Czarna Hanzca 2015 - Tag 7
Heute findet unser Paddelurlaub nun endültig sein Ende, das Zelt lässt sich dank einer Nacht ohne Taunässe vollständig trocken einpacken. Nach dem Frühstück beladen wir das Kanu ein letztes Mal und paddeln zurück zur Schleuse Paniewo. Bevor uns hier der Transporter von AS-Tour pünktlich 11 Uhr abholt, gönnen wir uns nochmal backfrische Buchteln mit Kaffee. Während meine Eltern noch ein paar Tage bis zur Netta dranhängen, lassen wir uns nach Mackowa Ruda zurückbringen. Nachdem die Tonnen und Taschen ausgepackt und wieder im Kofferraum verstaut sind, starten wir nach einem letzten erfrischenden Sprung in die Czarna Hancza halb 1 gen Heimat. Aufgrund des anschließenden Urlaubs auf Usedom leitet uns das Navi durch den Norden von Polen, größtenteils geht es sehr entspannt auf kleineren Landstraßen durch das malerische Masuren. Am Abend erreichen nach gut 400km Reda in der Danziger Bucht, das zuvor gebuchte Hotel ist für 35 EUR/Nacht sowohl bezüglich des Gesamt-Ambientes als auch aus kulinarischer Sicht ein echter Volltreffer. Mit wunderschönen Erinnerungen an die zurückliegenden Tage endet so unser Urlaub an der Czarna Hancza, doch die Sehnsucht beginnt schon wieder aufzusteigen…

Kommentare [2]

  1. Micha schrieb am 23. September 2015, 10:50 [#]

    FERNWEH!
    Danke für den tollen Einblick. Mal wieder. Es muss ein schönes Fleckchen Erde sein. Es ist auf meiner To-Travel-Liste bereits auf Platz 1.
    Und wie stressig war es den von Dir beschriebene Augustow-Urwald mit dem Faltboot zu meistern? Nachdem ich das Unterwasserwirrwarr auf der Krutynia gesehen hatte, war ich damals froh kein Faltboot gehabt zu haben.

  2. Matthi schrieb am 24. September 2015, 10:02 [#]

    Nachdem wir in den vergangenen 10 Jahren nun schon das vierte Mal an der Czarna Hancza waren, scheint die Region uns tatsächlich verzaubert zu haben. Ich würde allerdings empfehlen, den ersten Platz auf Deiner To-Travel-Liste demnächst in Angriff zu nehmen, da über die Zeit schon ein schleichender Verlust der Ursprünglichkeit zu bemerken ist (mehr/größere Paddelgruppen, Ufer-Kommerzialisierung, Vermüllung).
    Die kritischen Stellen im Urwald haben meine Eltern mit dem Faltboot gut überstanden, wir sind in diesen Abschnitten allerdings mit dem Kanu als “Minenspürhund” vorgefahren. Auf dem Hohenwarte-Stausee ist es also definitiv entspannter für Bootshaut, aber mit ein wenig Umsicht solltest Du auch die Czarna Hancza ohne Schrammen fahren können! Vielleicht gibt’s ja nächstes Jahr ein paar bekannte Bilder auf Deinem Blog :-)